Festgottesdienst und Vorsteherwechsel

Glaube, Hoffnung, Liebe – die drei christlichen Tugenden standen im Mittelpunkt des Festgottesdienstes in Hann. Münden, den die Gemeinden Witzenhausen und Hann. Münden am Mittwochabend, 13. Juni 2018, mit Apostel Helge Mutschler feierten. Evangelist Hans-Peter Stehl, Gemeindevorsteher in Witzenhausen, wurde nach mehr als 33-jähriger Amtstätigkeit feierlich in den Ruhestand verabschiedet und Priester Thomas Thielemann mit seiner Nachfolge beauftragt.

Das von den beiden Gemeindechören vorgetragene Chorlied „Was ich tief im Herzen trag“ führte zu Beginn schon gleich in das Bibelwort des Festgottesdienstes hinein:

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“ (1. Korinther 13,13)

Apostel Mutschler sprach die Gemeinde direkt an: „Wie steht es mit unserer Hoffnung?“ Die Hoffnung auf etwas Herrlicheres, Besseres und auf die Wiederkunft Christi sei keine Weltflucht. Jeder darf darauf hoffen – ob es ihm schlecht oder gut gehe in seinem Leben, sprach der Apostel diese tiefe Sehnsucht im Herzen jedes Menschen an. Er empfahl, in pessimistischen und orientierungslosen Gedanken Gott zu loben und zu preisen und auf die Herrlichkeit Gottes zu sehen.

Glaube ohne Hoffnung bleibt im Hier und Jetzt stehen und ist ein rein ethischer Glaube, führte der Apostel weiter durch das Bibelwort. Der Glaube dränge von Sehnsucht getragen nach vorne, nach oben. „Glaube ohne Hoffnung ist wie saure Milch: sie schmeckt nicht“, gab der Apostel als Beispiel. Er riet, trotz aller menschlichen Unvollkommenheit doch bei der Hoffnung und dem Glaubensziel, der Wiederkunft Christi, zu bleiben. Ein zentraler Punkt des Glaubens ist die Tatsache, dass Gott die Liebe ist (1. Johannes 4,16) und dass er in liebender Gemeinschaft mit allen Menschen zusammen sein möchte. Dazu habe er sie erschaffen. Dass diese Verschiedenheit in der Gemeinschaft bei Gott vereinbar sei, symbolisiere schon die Dreieinigkeit Gottes, so der Apostel: Vater, Sohn und Heiliger Geist – drei völlig unterschiedliche Personen – fügen sich in vollkommener Harmonie zusammen. Gott schicke keine Krankheit, keinen Krieg – es ist das Leben in einer seit Jahrtausenden unvollkommenen Welt. „Ich glaube, dass Gott die Liebe ist!“ schloss Apostel Mutschler diesen Punkt.

Die Liebe überwinde jeden Unterschied, jeden Konflikt und alles Unvollkommene, beleuchtete der Apostel den Begriff der Liebe im Bibelwort. Dabei gehe die Liebe viel tiefer, als ein oberflächliches Gefühl der Romantik wie in einem Liebesfilm oder ein gesprochenes „Ich liebe dich“, ohne wirklich Taten folgen zu lassen. Jesus Christus zeige die Facetten der Liebe auf: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist, der mich liebt.“ Wer die Gebote Gottes in die Mitte stellt und sagt: „Ich bin zwar ein unvollkommener Mensch, ich bin ein Sünder, ich schaffe es niemals alle Gebote einzuhalten, aber ich will es wenigstens“, der liebt Gott. „Ohne die Liebe ist alles nichts, ohne die Liebe ist unser Glaube nichts! Und Liebe bedeutet ganz einfach, etwas für den Nächsten zu tun“, unterstrich der Apostel.

Evangelist Hans-Peter Stehl erwähnte in seinem Predigtbeitrag ein persönliches Erlebnis, wie er in der Gemeinde erstmals hautnah und praktisch Liebe, Trost und Geborgenheit erlebt habe: Als kleiner Junge saß er im Gottesdienst einmal auf einem dreibeinigen Hocker, mit dem er umfiel. In diesem für ihn sehr unangenehmen Moment hob ihn jemand auf, setzte ihn behutsam auf eine Kirchenbank und legt den Arm tröstend und wohltuend um seine Schulter. In Bezug auf seine Amtstätigkeit stellte er mit Dankbarkeit fest, dass er den vielfältigen Segen Gottes und seine Hilfe in vorher nicht vorstellbarem Umfang erleben durfte. Der Schritt in den Ruhestand sei für ihn nur ein Wechsel hinein in viele andere Möglichkeiten der freudigen Mitarbeit in eine freudige Zukunft.

In der Vorbereitung auf die Sündenvergebung und das Heilige Abendmahl ging Bezirksältester Marco Scheuchzer auf das zuvor gesungene Chorlied „Gott ist die Liebe“ ein. Er hob die Freiheit von Sünde und anderen Bindungen hervor, die durch die Begegnung im Heiligen Abendmahl entsteht. Er gab den Rat, die Spuren der Liebe als Kraft des Himmels immer wieder erstrahlen zu lassen.

In seiner Ansprache zur Ruhesetzung dankte der Apostel Evangelist Stehl und seiner Frau sowie seiner Familie für viele Stunden des persönlichen Verzichts, die die Amtstätigkeit in mehr als 33 Jahren erforderlich machten. Über Nordhessen und Cuxhaven führte den Evangelisten und seine Familie der Weg nach Witzenhausen, wo er seinen ersten Amtsauftrag als Unterdiakon am 21. November 1984 durch Bezirksapostel Arno Steinweg empfing. Es folgten in den kommenden Jahren die Ordinationen zum Diakon und Priester sowie am 28. Juni 2009 die Beauftragung zum Gemeindevorsteher. Im Weihnachtsgottesdienst 2013 wurde er durch Bezirksapostel Wilfried Klingler in Witzenhausen zum Evangelisten ordiniert. Der Apostel erwähnte in seinen Dankesworten auch die langjährige Arbeit im Religions- und Konfirmandenunterricht. Als geradlinig, schnörkellos und auf das Wesentliche konzentriert charakterisierte der Bezirksälteste in einem Brief an den Apostel den Evangelisten. Für Letzteres dankte der Apostel ausdrücklich, denn gerade die Konzentration auf das Wesentliche sei auch ein besonderes Anliegen des Stammapostels. Mit Ehrfurcht vor dem Amt sei er stets ein wahrhaftiger Diener Gottes gewesen, bedankte sich der Apostel nochmals ausdrücklich bei Evangelist Stehl.

Auch gegenüber dem neuen Gemeindevorsteher, Priester Thomas Thielemann, sowie seiner Frau und Familie stellte der Apostel seinen Dank voran. Sein zuvor gesprochenes „Ja“ sei ein Geschenk für die Zukunft der Gemeinde in einer Zeit von geringer werdenden Ressourcen. Der Apostel umriss die vielfältigen Aufgaben als Gemeindevorsteher und gab Priester Thielemann den Rat, sich stets vom Heiligen Geist leiten zu lassen. Für seine neue Aufgabe in der Gemeinde gab er ihm ein Bibelwort aus 1. Timotheus 6, 11.13.14 in der Übersetzung der „Guten Nachricht“ mit auf den Weg:

„(…) Jage dagegen der Gerechtigkeit nach, der Gottesfurcht, dem Glauben, der Liebe, der Geduld und der Freundlichkeit! (…) Ich befehle dir vor Gott, von dem alles Leben kommt, und vor Jesus Christus, der vor Pontius Pilatus für das gute Bekenntnis eingetreten ist; erfülle den Auftrag, der dir gegeben ist so zuverlässig, dass dich kein Tadel trifft, und bleibe darin treu, bis Jesus Christus, unser Herr, vor aller Welt in Erscheinung tritt.“

Viele Gottesdienstbesucher nutzen nach dem Festgottesdienst die Möglichkeit, ihre persönlichen Glück- und Segenswünschen für den vormaligen und den neuen Gemeindevorsteher bei der Verabschiedung auszudrücken.