Entwidmung in Osterode am Harz
„Dennoch bleibe ich stets an dir…“ (Psalm 73,24 ff) – Ein markantes Bibelwort bildete die Grundlage für den letzten Gottesdienst in unserer Kirche in Osterode. Nach 95 Jahren Gemeindegeschichte blickten die Gemeindemitglieder nach der feierlichen Entwidmung ihrer Kirche am Sonntag, 8. März 2020, nicht nur traurig, sondern auch mit Dankbarkeit zurück.
Bezirksevangelist Joachim Richter (Göttingen) feierte den Gottesdienst, zu dem neben den Gemeindemitgliedern und Glaubensgeschwister aus nah und fern gekommen waren.
Das Bibelwort Psalm 73, die Verse 23 und 24 sowie ein Teil aus dem 26. Vers bildete die Grundlage für diesen besonderen Gottesdienst:
„Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich an meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich in Ehren an. (…) so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.“
Bezirksevangelist Richter hob bezugnehmend auf das Bibelwort das Wort „dennoch“ hervor, das nicht nur einen Verlust beschreibe, sondern auch Vertrauen in die Zukunft und die grenzenlose Liebe Gottes ausdrücke. Beim Blick zurück könnten viele Fragen entstehen, warum alles so kommen musste. Gott habe aber Gedanken des Friedens, des Trostes und Vertrauens.
Asaf sucht im 73. Psalm den Kontakt zu Gott und baut Vertrauen auf. Und auch heute gibt die Beziehung zu Gott den entscheidenden Sinn des Lebens. Auf die Gemeinde Osterode bezogen stellte Bezirksevangelist Richter heraus, dass alles Geschehene in 95 Jahren Gemeindegeschichte bei Gott aufgehoben und bewahrt bleibe. Er riet der Gemeinde, sich auf Gott und seinen Weg einzulassen und nicht bei der Suche nach möglichen Fehlern oder Versäumnissen stehen zu bleiben. „Der Glaube an Gott ist keine Aufwand – Nutzen – Rechnung“ zitierte er einen kürzlich gelesenen Satz. Nicht alles, was geschieht und unabwendbar sei, komme von Gott, betonte Bezirksevangelist Richter. Aber man könne alles mit Gott besprechen, mit ihm teilen, Gott Anteil nehmen lassen an den Empfindungen und in die persönliche Gottesbeziehung mit hinein nehmen und diese pflegen. „…du hältst mich an meiner rechten Hand…“ drücke im Bibelwort aus, dass Gott im Umkehrschluss auch eine „Menschenbeziehung“ pflege. Gottes Liebe, sein Rat und seine Weisheit leitet, so der Bezirksevangelist. Mit dem Wunsch „Gott sei mit uns allen!“ schloss er seine Predigt.
Brief an die Gemeinde
Im Anschluss verlas Bezirksevangelist Richter einen Brief von Bezirksevangelist Roland Krysewski (von 2007 bis 2018 vormaliger Gemeindevorsteher in Osterode), der gesundheitsbedingt nicht wie geplant den letzten Gottesdienst in der Kirche in Osterode durchführen konnte. Bezirksevangelist Krysewski drückte in seinen Zeilen seine besondere Verbundenheit mit der Gemeinde und seine Traurigkeit über die Tatsache der Gemeindeschließung aus. Hoffnungsvoll riet er der Gemeinde:
„Wir dürfen das, was wir in unserer Gemeinde hatten betrauern, wollen aber nicht dabei stehen bleiben, sondern unseren Blick in die Zukunft richten. Der allmächtige Gott wird sein Werk vollenden und uns mit allem versorgen, was für die Erreichung unseres Glaubenszieles, der Wiederkunft Christi, notwendig ist.“
In seinem Predigtbeitrag ging der Gemeindevorsteher, Priester Uwe Eggers, auf Psalm 23 ein, der ihn im Vorfeld zu diesem Gottesdienst beschäftigte: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. (…) Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ „Wo Gott sich offenbart, da ist sein Haus“ schloss Priester Eggers. Im späteren Verlauf des Gottesdienstes verlas Priester Eggers eine Zusammenfassung der Gemeindechronik.
Ruhesetzungen und Verabschiedungen
Mit den Diakonen Bernd Rekittke und Axel Ernst traten zwei Seelsorger nach langjähriger Amtstätigkeit alters- bzw. gesundheitsbedingt in den Ruhestand. Ebenfalls feierlich verabschiedet wurde Priester Uwe Eggers, der aus seiner Vorsteherbeauftragung der Gemeinde Osterode entbunden wurde. Er bleibt weiterhin Gemeindevorsteher in Kalefeld-Willershausen. Evangelist i.R. Peter Beitat wurde nach Erreichen der Altersgrenze von der Beauftragung zur Abendmahlversorgung für kranke und betagte Gemeindemitglieder entbunden. Die ebenfalls verabschiedete Seniorenbeauftragte der Gemeinde, Ursula Weidenauer, bekam den Rat mit auf den Weg, sich auch weiterhin in ihrer neuen Gemeinde gern nach ihren Möglichkeiten einzubringen. Mit herzlichen Worten und guten Wünschen für die weitere freudige Mitarbeit in den künftigen Gemeinden erhielten die Verabschiedeten Blumen.
Entwidmung und weitere Nutzung
Bezirksevangelist Richter vollzog anschließend betend die Entwidmung der Kirche. Der neue Eigentümer, ein Unternehmer aus Osterode, der ebenfalls zum letzten Gottesdienst gekommen war, wird das Gebäude künftig als Büro und Lager nutzen. Der Chor der Gemeinde gestaltete mit Unterstützung einiger auswärtiger Glaubensgeschwister den Gottesdienst musikalisch. In das Lied „Der Herr ist mein Licht“ aus dem neuapostolischen Chorbuch stimmte auch die Gemeinde mit ein.
Ansprache von Apostel i.R. Edmund Stegmaier
Im Anschluss an den Gottesdienst richtete auch Apostel i.R. Edmund Stegmaier, der zu den Gottesdienstbesuchern zählte, einige Worte an die Gemeinde. Auch er wies darauf hin, dass die Gottesbeziehung nicht an einen Ort gebunden sei. Er drückte seine besondere Verbundenheit mit jedem Gemeindemitglied aus, dankte allen sehr persönlich für das vielfältige Engagement in der Gemeinde und riet den Glaubensgeschwistern, mit offenen und anbietenden Herzen in die neuen Gemeinden zu gehen.
Alle Gottesdienstbesucher waren im Anschluss noch zu einem Brunch eingeladen. In den Gesprächen kam neben Traurigkeit auch Zuversicht zum Ausdruck, sich in den neuen Gemeinden wohlfühlen und einbringen zu können. In den Gemeinden in Bad Lauterberg, Kalefeld-Willershausen und Seesen wurden mit Blick auf die Zukunft der Gemeinde Osterode über die letzten Jahre hinweg schon Kontakte zu den Glaubensgeschwistern gepflegt und das jeweilige Gemeindeleben mitgestaltet.
Über den letzten Gottesdienst in der Kirche in Osterode berichtete auch der Harz Kurier in seiner Ausgabe vom Freitag, 6. März (s. Bildergalerie).
Aus der Gemeindechronik:
Kurz nach dem Ersten Weltkrieg fanden erste Wohnhausgottesdienste in Osterode statt. Mit der Ordination des ersten Seelsorgers wurde am 19. Januar 1925 zugleich die Gemeindegründung besiegelt. Das stetige Wachstum der Gemeinde erforderte größere Räume, sodass die Versammlungsstätten des Öfteren gewechselt werden mussten, bis im Jahr 1964 mit dem Bau des eigenen Kirchengebäudes begonnen wurde. Am 21. August 1965 wurde die Kirche durch Bezirksapostel Hermann Knigge eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben.
Gemeindejubiläen
Im Oktober 1991 wurde das 25-jährige Bestehen der Kirche mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Das 75-jährige Jubiläum der Gemeinde wurde im Jahr 2000 mit einem Festakt und einem Festgottesdienst mit Bezirksapostel Wilfried Klingler begangen.
Priesterliche Versorgung der Gemeinde
Von 1925 bis 1936 wurde die Gemeinde von Priestern der Gemeinde Bad Grund betreut. Ab November 1936 wurde Priester Ernst Sachs als Vorsteher eingesetzt. Nach seinem Tod im Oktober 1952 leitete Priester Kurt Zetsche bis Anfang 1955 die Gemeinde. Im Juli 1955 wurden die Priester Heinz Kürzel und August Vollbrecht ordiniert. Heinz Kürzel übernahm später die Leitung der Gemeinde bis 1983. Ihm stand ab 1974 Priester Horst Moser zu Seite.
Von 1983 bis 1987 lag die Leitung der Gemeinde in den Händen des Hirten Kurt Höfert und des damaligen Evangelisten und späteren Bezirksältesten, Reinhold Merker. Am 8. März 1987 wurde mit dem Priester und späteren Evangelisten Peter Beitat wieder ein Vorsteher für die Gemeinde Osterode beauftragt, der diese Aufgabe 20 Jahre lang bis 2007 ausführte. Mit der Schließung der Gemeinde Herzberg im November 2007 kamen der dortige Vorsteher, Priester Eckhard Grenz sowie Priester Siegfried Thiele in die Gemeinde Osterode. Ab Dezember 2007 übernahm Evangelist, später Bezirksevangelist Roland Krysewski, der seit vielen Jahren in verschiedenen Amtsstufen in der Gemeinde Osterode diente, die Vorsteheraufgabe und wurde weiterhin von Evangelist Beitat und Priester Grenz unterstützt (s. Bericht), sowie ab Juni 2008 auch von Priester Marco Spormann. Evangelist Beitat wurde im April 2010 in den Ruhestand verabschiedet, Priester Eckhard Grenz als Vorsteher in die Gemeinde Northeim übersandt.
Da Bezirksevangelist Krysewski später auch noch die Leitung der Gemeinde Willershausen übernahm, wurde er im September 2018 von der Vorsteheraufgabe in Osterode entlastet. Ab diesem Zeitpunkt bis zur Schließung betreute Priester Uwe Eggers aus Clausthal-Zellerfeld die Gemeinde als Vorsteher.
Ehrenamt und unzählbare Dienste am Nächsten
Darüber hinaus wirkten seit Gemeindegründung auch viele Diakone, Dirigenten, Organisten und Musikschaffende an der feierlichen Gestaltung der Gottesdienste mit. Und auch ein aktives Gemeindeleben wäre ohne das ehrenamtliche Engagement jedes einzelnen nicht möglich gewesen: Gartenarbeit, Kirchenpflege, Blumenschmuck, Unterrichte, Organisation und Durchführung von Gemeinschaftsaktionen, Gemeindebriefe, Besuchsdienste der Glaubensgeschwistern und vieles mehr prägten 95 Jahre Gemeindegeschichte in Osterode. Gerade in den letzten Jahren wäre der Gemeindebetrieb ohne die tatkräftige Hilfe von Geschwistern nicht möglich gewesen.
Verkauf der Kirche vor rund fünf Jahren
Die Aufgabe des Standortes Osterode zeichnete sich vor einigen Jahren ab. Aufgrund mangelnder Ressourcen fanden ab November 2013 Gottesdienste nur noch am 1. und 3. Sonntag im Monat sowie an den kirchlichen Feiertagen statt. Der Verkauf der Kirche erfolgte vor rund fünf Jahren. Der neue Eigentümer gestattete der Gemeinde die weitere Nutzung bis zum Weiterverkauf, der nun Anfang dieses Jahres erfolgte.
Pfingsten 2019: Besondere Höhepunkte in Osterode
Ein besonderer Höhepunkt für die Gemeinde bildete das Pfingstfest 2019, das die Neuapostolische Kirche International in diesem Jahr in Goslar feierte. Der Pfingstgottesdienst wurde weltweit übertragen. Aufgrund der internationalen Bezirksapostelversammlung besuchten am Mittwochabend, 5. Juni 2019, die Bezirksapostel die umliegenden Gemeinden, um Gottesdienste zu feiern. Und auch in der Kirche in Osterode freuten sich die Gottesdienstbesucher über zwei Apostel, die Bezirksapostel Rüdiger Krause (Nord- und Ostdeutschland) und Edy Isnugroho (Südostasien).
An Pfingstsamstag wurde die Stadthalle Osterode zum Mittelpunkt der Pfingstfeierlichkeiten: Ein besonderes Konzert, zu dem Stammapostel Jean-Luc Schneider sowie weltweit tätige Bezirksapostel und Apostel neben den Konzertbesuchern aus den Kirchenbezirken Göttingen und Wolfenbüttel anwesend waren, bildete eine feierliche Einstimmung auf das Pfingstfest. (Konzertbericht)
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